Der Begriff „Redispatch“ beschreibt den Prozess, bei dem der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die Leistungszuweisungen von Kraftwerken im Falle von Netzengpässen oder anderen unvorhergesehenen Ereignissen kurzfristig ändert, um das Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch im Netz aufrechtzuerhalten und Engpässe zu vermeiden. Eine Erhöhung der Einspeisung in das Netz entspricht dem positiven Redispatch, eine Reduzierung wird negativer Redispatch genannt. Für negativen Redispatch kaufen die Netzbetreiber Kraftwerksbetreiber einen Teil der Produktionspflicht ab und beauftragen stattdessen Betreiber auf der gegenüberliegenden Seite des Engpasses. Bei einem bevorstehenden Engpass werden also Kraftwerke, unmittelbar vor dem Engpass angewiesen, ihre Stromeinspeisung ins Netz herunterzufahren, während Kraftwerke hinter den Engpass ihre Einspeisung entsprechend hochfahren müssen. So entsteht ein Lastfluss, der den Engpass entgegenwirkt.
Der Redispatch kann innerhalb einer Regelzone als auch übergreifend eingesetzt werden und wird nur von Kraftwerken mit einer Leistung von mehr als 10MW durchgeführt.
In Deutschland wird der Redispatch durch den Paragrafen §13 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) gesetzlich geregelt. Das EnWG regelt die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Betrieb von Energieversorgungsnetzen und den Netzzugang, während die StromNZV die konkreten Anforderungen an den Netzzugang und die Netzanschlussbedingungen festlegt.
Im Rahmen dieser gesetzlichen Vorschriften hat die Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde für den Strom- und Gasmarkt in Deutschland weitere Regelungen erlassen, die den Redispatch-Prozess konkretisieren. Dazu gehört beispielsweise die Redispatch-Verordnung (Redispatch 2.0), die seit dem 1. Oktober 2021 in Kraft ist und die Anforderungen an die Umsetzung des Redispatch-Prozesses präzisiert.
Mit dem neu in Kraft getretenen Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) wurden auch neue Vorgaben für die Maßnahmen zur Vermeidung beziehungsweise das Management mit Netzengpässen definiert. Seit dem 01. Oktober 2021 wurde das Redispatch 2.0 eingeführt. Dafür wurde das EnWG durch die Paragrafen §§13a und 14 ergänzt. Konkret sieht das Redispatch 2.0 seitdem vor, dass alle Erzeugungsanlagen ab einer Größe von 100 kW für den Redispatch eingesetzt werden können. Dies umfasst auch alle Erzeugungsanlagegen Erneuerbarer Energien als auch Energiespeicher und KWK-Anlagen, welche zuvor ausgeschlossen wurden.
Durch das Redispatch 2.0 soll die Netzintegration von erneuerbaren Energien verbessert werden. Durch das flachendeckende Vergrößern des Anlagenpools kann außerdem eine höhere Effizienz im Vergleich zu früheren Verfahren erreicht werden. Ziel ist es außerdem, die in den letzten Jahren stetig steigenden Kosten für Redispatch und Netzanschlussmanagement zu reduzieren und die diskriminierungsfreie Beseitigung von Netzengpässen zu realisieren.
Bei Maßnahmen des Redispatch 2.0 werden Erneuerbare Energiesysteme erst dann eingesetzt, wenn die Möglichkeiten konventioneller Energiequellen ausgeschöpft sind oder die Kosten für die Beseitigung von Engpässen 10-mal niedriger oder 5-mal niedriger sind als bei Kraft-Wärme-Kopplung. Dieses System wird in Redispatch 2.0 kompensiert. Netzbetreiber zahlen jedoch nur eine marktübliche Prämie.
Die Vergütung des positiven Redispatch erfolgt in Deutschland kostenbasiert und soll gemäß § 13a EnWG den Anlagenbetreiber nach Durchführung der Maßnahme „wirtschaftlich weder besser noch schlechter“ stellen. Es wird regelmäßig über Änderungen des Redispatch-Verfahrens diskutiert. Da kein Profit durch den Redispatch vorgesehen ist, besteht auch wenig Anreiz für Anlagenbetreiber, an Redispatch-Maßnahmen teilzunehmen.
Allgemeinen gilt, dass die Vergütung für Redispatch-Maßnahmen, die zur Entlastung des Stromnetzes beitragen, niedriger ausfällt als für Maßnahmen, die zur Erhöhung der Erzeugungsleistung führen. Die Kosten für den Redispatch werden letztlich auf die Stromkunden umgelegt und als Teil der Netzentgelte erhoben.
Die Kosten für den Redispatch können je nach Umfang und Dauer des Einsatzes erheblich sein. In den vergangenen Jahren war sowohl beim Umfang als auch den Kosten des Redispatch ein kontinuierlicher Anstieg zu beobachten. Im Jahr 2021 lagen die Kosten für den Redispatch in Deutschland bei etwa 590 Millionen Euro. Im Vergleich dazu betrug das Kostenvolumen im Vorjahr 240 Millionen Euro und verzeichnete innerhalb eines Jahres eine über 100-prozentige Steigerung.
Die Gründe für den Anstieg der Redispatch-Kosten sind vielfältig. Zum einen steigt die Einspeisung von erneuerbaren Energien, insbesondere von Wind- und Solarenergie, was zu einer höheren Volatilität im Stromnetz führt und den Redispatch-Einsatz häufiger notwendig macht. Zum anderen sind die Stromnetze in vielen Regionen Deutschlands noch nicht ausreichend ausgebaut, um die steigende Einspeisung erneuerbarer Energien aufnehmen zu können.
Der überwiegende Teil von Redispatch-Maßnahmen wurde strombedingt durchgeführt und auf die Ursache auftretende Netzengpässe zurückgeführt.
Es ist davon auszugehen, dass die Kosten für den Redispatch auch in Zukunft weiter steigen werden, solange der Ausbau der Stromnetze nicht mit der steigenden Einspeisung erneuerbarer Energien Schritt hält.